Verlegung von Stolpersteinen In Erinnerung an Bewohnerinnen und Bewohner jüdischer Herkunft

Die Allgemeine Deutsche Schiffszimmerer-Genossenschaft eG lässt vor ihren Wohnanlagen insgesamt 14 Stolpersteine verlegen, die an Bewohnerinnen und Bewohner jüdischer Herkunft erinnern.

 „Uns ist wichtig an das Schicksal von Jüdinnen und Juden zu erinnern, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Antisemitismus, Intoleranz und Hass haben das Unmögliche möglich gemacht. Das darf sich nie wieder wiederholen“, sagt Vorstand Thomas Speeth.

Die ersten acht Stolpersteine wurden am 8. Februar 2025 ab 14.00 Uhr von dem Künstler Gunter Demnig in der Großheidestraße 26 und 35 sowie im Martin-Haller-Ring 20 verlegt.

Die Schiffszimmerer-Genossenschaft hat die Verfolgung recherchieren und Biografien erstellen lassen. Hans Gustav Müller war Vertreter von Schuhwaren und wohnte mit seiner nichtjüdischen Ehefrau Margarethe seit 1934/35 im Otto-Stolten-Hof, Großheidestraße 35. Das Ehepaar lebte dort bis Ende April 1942, dann wurde die Schiffszimmerer-Genossenschaft von der Gestapo gezwungen, das Mietverhältnis kurzfristig zu kündigen. Hans Gustav und Margarete Müller mussten in ein Judenhaus ziehen. Als Hans Gustav Müller im Februar 1945 den Deportationsbescheid erhielt, tauchte er unter. Er versteckte sich in den Trümmern des Otto-Stolten-Hofes an seinem früheren Wohnort in der Großheidestraße. Walter Bollhorn, Senior, der für die Grundstücke als Verwalter im Auftrag der Schiffszimmerer-Genossenschaft zuständig war, versorgte ihn „so gut es eben ging“ mit Lebensmitteln und ermöglichte sein Überleben bis zur Befreiung am 3. Mai 1945.

Im Martin-Haller-Ring 20 lebte Samuel Brimer mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Nach 20-jähriger Tätigkeit für die Hamburger Hochbahn wurde dem Familienvater 1935 gekündigt. Der Familie Brimer gelang die Flucht nach Palästina.

Nebenan im Martin-Haller-Ring 22 lebte bis 1939 die Jüdin Henriette Bormann. Ihr gelang Ende 1939 die Flucht über Italien nach Uruguay.

Edith Jeanette Hasenberg wohnte vorübergehend in der Großeidestraße 26 zur Untermiete. Sie konnte im Juli 1939 nach England entkommen.

Nicht überlebt haben Anna Brahm und Hans L. Goldschmidt. Anna Brahm wohnte zur Untermiete bei Hans Gustav Müller und musste in ein Judenhaus ziehen, als Müller seine Wohnung 1942 räumen musste. Wenige Wochen später nahm sich die 81-jährige das Leben.

Hans L. Goldschmidt wohnte zeitweilig zur Untermiete in der Wincklerstraße 17. Er wurde am 8. November 1941 in das Getto Minsk deportiert, wo er unter nicht näher bekannten Umständen ums Leben kam.

Da aus der Zeit keine Mitgliederlisten existieren, ist nicht bekannt, ob die Mieterinnen und Mieter auch Mitglieder der Genossenschaft waren. Nur von Henry Chaim Rosenblum ist eine Genossenschaftsmitgliedschaft bekannt. Er wohnte mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in der Dietmar Koelstraße 32 und betrieb dort seit 1926 eine Lederhandlung mit Schuhreparaturwerkstatt. 1937 denunzierte ein Nachbarn und NSDAP-Mitglied, der es auf sein Ladenlokal abgesehen hatte, Rosenblum mit einem Hinweis auf dessen polnische Staatsangehörigkeit. Die Schiffszimmerer-Genossenschaft hatte in ihrer Satzung von 1929 die Mitgliedschaft auf „volljährige Deutsche“ beschränkt. Offensichtlich hatte der Nachweis der Staatsangehörigkeit bisher keine Rolle gespielt, doch jetzt blieb der Genossenschaft keine andere Wahl, als die Mitgliedschaft zu kündigen. Rosenblum konnte zwar Mieter des Ladenlokals bleiben, jedoch zu ungünstigeren Bedingungen. Im September 1938 verließ er mit seiner Familie Deutschland und fand eine neue Heimat in den USA.

Die umfangreichen Recherchen fanden im Vorfeld des 150-jährigen Jubiläums der Schiffszimmerer-Genossenschaft im Jahr 2025 statt und wurden von der Historiker-Genossenschaft eG durchgeführt.